Selbst-bewusste Emotionen wie die Neigung zu Scham werden bislang als ätiologische und aufrechterhaltende Mechanismen, insbesondere bei der Behandlung von Depressionen, unterschätzt. Dabei zeigt sich, dass eine erhöhte Schamneigung Depressivität vorhersagt. Im Fokus des Teilprojekts „Scham als Prädikator depressiver Symptome bei Jugendlichen“ steht die Untersuchung zugrundeliegender Mechanismen depressiver Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen, wobei insbesondere der Einfluss von genereller Schamneigung und akut erlebter Scham auf zwei Kernsymptome der Depression (Gefühl der Wertlosigkeit, sozialer Rückzug) bei Jugendlichen mit bestehender depressiver Erkrankung überprüft wird.
Das Teilprojekt ist Part des Promotionsprojekts „Development, neurophysiology and course of pride, shame and guilt in adolescence (PRISMA)“, welches unter der Leitung von M. Sc. Franziska Martin in Kooperation mit Prof. Dr. Nikolai Axmacher (Ruhr-Universität Bochum) und Prof. Dr. Tanja Legenbauer (LWL-Universitätsklinik Hamm für Kinder- und Jugendpsychiatrie) durchgeführt wird. In der LWL-Klinik Hamm werden Kinder und Jugendliche der Altersstufen 5 bis 18 Jahre entsprechend eines gesamt-integrativen therapeutischen Konzepts behandelt. Die Klinik ist die größte universitäre Kinder- und Jugendpsychiatrie in Deutschland. Ziel ihrer Forschungsabteilung ist es, im Rahmen der kinderpsychiatrischen Forschung einen Beitrag für die Behandlung junger Patienten zu erbringen, indem klinisch bedeutsame Themen aufgegriffen und neue therapeutische Entwicklungen angestoßen werden. Dabei steht insbesondere die Verbesserung der Behandlung depressiver Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen im Fokus.
Zwei Kernsymptome der Depression sind Wertlosigkeit und (sozialer) Rückzug. Es gibt empirische Hinweise darauf, dass Scham zur Manifestation und Verstärkung beider Symptome beiträgt. Ziel der Studie ist es zu zeigen, dass sowohl die generelle Neigung zu Scham, als auch akut verursachte Scham aufrechterhaltende Faktoren depressiver Symptome bei Jugendlichen sind. Es wird vermutet, dass depressive Jugendliche ihre Fehler stärker überwachen als gesunde Jugendliche sowie, dass sich interpersonelles Verhalten in Abhängigkeit von akut erlebter Scham verändert. Schamhafte Situationen haben dabei einen negativen Einfluss auf soziale Interaktion. Erkenntnisse der Studie sollen dazu beitragen, neue Behandlungsansätze zu entwickeln, die bei der antidepressiven Behandlung vor allem Schamgefühle in den Mittelpunkt stellen. Ein interessantes Forschungsprojekt, das die Robert-Enke-Stiftung mit 10.000 Euro unterstützt.
Quellen: Legenbauer, T. (2017). Antrag auf Förderung und Unterstützung:Scham als Prädikator depressiver Symptome bei Jugendlichen.Hamm: LWL-Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie.