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Robert-Enke-Stiftung unterstützt Mobile Health-Studie

30.6.2021

Können mHealth-Lösungen als Ergänzung zur psychotherapeutischen Behandlung eingesetzt werden?

Für die Studie zu dem Behandlungskonzept “ELONA – Verzahntes Interventionsprogramm bei Studierenden mit depressiven Symptomen“ erhält die Heinrich-Heine-Universität 24.600 Euro der Gesamtkosten in Höhe von 39.600 Euro.

Die Covid-19-Pandemie brachte für unsere Gesellschaft Herausforderungen auf allen Ebenen mit sich. Bei vielen haben diese Veränderungen im Alltag zu zusätzlichen psychischen Belastungen geführt. Neben psychisch vorbelasteten Menschen oder jenen, die diese Pandemie in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht, sind es besonders Studierende, die unter der aktuellen Situation leiden. Denn auch die Hochschulwelt hat sich durch die Pandemie verändert. Der Plausch im Hörsaal, das Lernen im uni-nahen Park oder die abendliche Studierendenfeier: auf all das, was das Studierendenleben in jungen Jahren auszeichnet, haben Studierenden verzichten müssen. Auch regionale und überregionale Zeitungen berichteten zuletzt über eine verstärkte Belastung. Eine Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse fand, dass die Lebenszufriedenheit der Studierenden signifikant abgenommen hat mit teils abklärungsbedürftigen Werten. Genau dieser Gruppe – Studierenden mit ersten depressiven Symptomen – möchte die Studie mit seinem innovativen Interventionsprogramm im Rahmen einer Evaluationsstudie helfen. Dazu ist in einem interdisziplinären und praxisnahen Kollaborationsprozess mit über 50 Psychologischen Psychotherapeut:innen in den letzten Monaten das Konzept zu einem verzahnten digitalen Behandlungsprogramm entstanden. Das Programm basiert auf jüngsten Forschungsergebnissen der sog. Blended Therapy, bei der der herkömmliche persönliche Kontakt zwischen Psychotherapeut:innen und Patient:innen in verschiedenen Phasen des psychotherapeutischen Therapieprozesses um Bestandteile digitaler Interventionen erweitert wird. Dadurch wird die Mitarbeit der Patient:innen gefördert, die Behandlungsintensität und die Übertragung des Gelernten in den Alltag gesteigert und Therapieerfolge nachhaltig gesichert. Gleichermaßen folgt das Programm auch dem Ansatz der Measurement-based Care, bei dem Behandler:innen in ihrer Behandlungswahl durch künstliche Intelligenz unterstützt werden.

Im Rahmen dieses Prozesses wurde ein Kurzzeitprogramm speziell für Studierende entwickelt. Studierende erhalten dabei eine standardisierte Verhaltenstherapie in Form einer wöchentlich stattfindenden 25-minütigen Therapiesitzung (aufgrund der andauernden Hygieneanforderung werden diese vorerst online stattfinden). Die Sitzungen sind anhand verhaltenstherapeutischer Standards (Psychoedukation, Verhaltensaktivierung, Motivationale Aspekte, Kognitive Interventionen, Körperorientierte Entspannung) strukturiert. Zusätzlich erhalten alle teilnehmenden Studierenden Zugang zu der digitalen Applikation „Elona“, die sie zwischen den Sitzungen nutzen können und sie die gesamte Therapie über begleitet. Dieses Kurzzeitprogramm soll einer Chronifizierung der Depression vorbeugen und bietet gleichermaßen auch die Möglichkeit, eine kostengünstigere Alternative zur regulären psychotherapeutischen Behandlung zu evaluieren.

Es richtet sich an Studierende mit ersten depressiven Symptomen. Potenzielle Proband:innen sollen über Onlineaushänge, den psychosozialen Beratungen der Universitäten und den Studierendenvertretungen rekrutiert werden. Um möglichst vielen Studierenden dieses Kurzzeitprogramm zur Verfügung zu stellen, wird eine einarmige Kohortenstudie mit zwei Messpunkten (Beginn und Ende der Therapie) durchgeführt. Anhand des „Fit for Blended Care“ Fragebogens und des Beck Depressions-Inventar wird ein persönliches Screening durchgeführt, um die grundsätzliche Eignung der Proband:innen festzustellen. Nach der Einwilligung und Diagnostik der Proband:innen werden zusätzlich zum Zugriff auf die digitalen interventionen jeweils sechs standardisierte 25-minütige verhaltenstherapeutische Einheiten in wöchentlichem Rhythmus über eine gängige Online-Therapiesoftware durchgeführt.

Obwohl der Mehrwert von technologischer Unterstützung in der ambulanten Psychotherapie vielfach klinisch belegt ist, wird in der Praxis noch immer Zurückhaltung in der Verwendung von mHealth Lösungen als Ergänzung zur psychotherapeutischen Behandlung gesehen. Mit der Studie soll es einen ersten Anstoß geben, um mit einem verzahnten Interventionsprogramm Vorteile durch ein solches Programm sichtbarer zu machen: Reduktion von Redundanzen, vertiefte Psychoedukation, Flexibilität und allgemeinen Verbesserung der Therapie. Aufgrund der bisherigen Erfolge von digitalen Interventionsprogrammen werden für das verzahnte Behandlungsprogramm verstärkte Effekte in der Reduktion von Angst und/oder depressiven Symptomen erwartet. Um das Programm auch über die Studie nachhaltig in die Breite zu tragen, solle das Programm über das sog. „Digitale Gesundheitsanwendungsverzeichnis“ in die Standardversorgung gebracht und so die psychotherapeutische Behandlung von Morgen in Deutschland mitgestaltet werden.

Der Vorstand der Robert-Enke-Stiftung hebt bei dem Forschungsansatz hervor, dass die Gruppe der Studierenden zum einen während der Corona-Pandemie kaum in den Fokus genommen wurde, zum anderen sei ein digitales Interventionsprogrammen ein geeignetes Instrument, um Studierende frühzeitig in Bezug auf depressive Symptome zu behandeln (präventiver Charakter). Zudem werden die Studierenden von fachlich gut/sehr gut qualifizierten Therapeutinnen und Therapeuten begleitet. Daher bewilligten die Mitglieder die Fördersumme in Höhe von 24.600 Euro.

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